Pressemitteilung
Die ESO unterzeichnet Verträge für den riesigen Hauptspiegel des ELT
30. Mai 2017
Heute wurden am ESO-Hauptsitz in Garching bei München im Rahmen einer Zeremonie die Verträge für die Herstellung des 39-Meter durchmessenden Hauptspiegels des Extremely Large Telescope (ELT) unterzeichnet. Die Firma SCHOTT aus Mainz wird die Rohlinge der Spiegelsegmente herstellen und die französische Firma Safran Reosc wird die einzelnen Spiegelsegmente polieren, montieren und testen. Der Vertrag über das Polieren der Spiegelrohlinge ist vom finanziellen Umfang her der zweitgrößte im Rahmen des Baus des ELT und der drittgrößte, den die ESO jemals geschlossen hat.
Das einzigartige optische System des Extremely Large Telescope der ESO besteht aus fünf Spiegeln, von denen jeder einzige eine gewaltige iungenieurtechnische Herausforderung darstellt. Der Hauptspiegel mit seinen 39 Metern Durchmesser wird aus bis zu 798 einzelnen sechseckigen Segmenten mit 1,40 Metern Durchmesser bestehen und damit bei weitem der größte jemals für ein optisches Teleskop gebaute sein. Zusammen werden die Segmente mehrere zehn Millionen mal soviel Licht sammeln wie das menschliche Auge [1].
Heute haben ESO-Generaldirektor Tim de Zeeuw und hochrangige Vertreter der Firmen SCHOTT und Safran Reosc, eine Tochterfirma von Safran Electronics & Defense, im Beisein beteiligter ESO-Mitarbeiter die Verträge für die Fertigung und das Polieren der ELT-Hauptspiegelsegmente unterschrieben. Der erste Vertrag wurde für SCHOTT von Christoph Fark, dem Leiter Geschäftsbereich SCHOTT Advanced Optics, und Thomas Westerhoff, dem Direktor des strategischen Marketings für Zerodur, unterschrieben. Der zweite Vertag wurde für Safran Reosc von Generaldirektor Philippe Rioufreyt unterzeichnet.
Tim de Zeeuw brachte seine Freude über den gegenwärtigen Fortschritt beim ELT aus: “Dies waren zwei außergewöhnliche Wochen! Zuerst wurde der Sekundärspiegel des ELT gegossen. Letzten Freitag hatten wir die Ehre die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet bei der Grundsteinlegungszeremonie für das ELT zu Gast zu haben. Und heute beginnen zwei weltweit führende europäische Firmen mit der Arbeit an dem gewaltigen Hauptspiegel des Teleskops, vermutlich der größten Herausforderung von allen.”
Die 798 sechseckigen Segmente, die zusammen den Hauptspiegel des ELT ergeben, fertigt SCHOTT aus der Glaskeramik Zerodur® [2], die nur eine geringe Temperaturausdehung hat. SCHOTT hatte zuvor bereits den Zuschlag für die Fertigung der riesigen Sekundär- und Tertiärspiegel des Teleskops erhalten. Das Material wird außerdem auch für den verformbaren Quartärspiegel verwendet, der sich derzeit in der End-Produktion befindet.
Sobald die Spiegelrohlinge fertiggestellt sind, werden sie an Safran Reosc überstellt, wo ihre Befestigung konstruiert wird und ihre Oberflächenform präzise ermittelt und hineinpoliert wird. Anschließend werden die Spiegelsegmente in das Haltesystem integriert vor der Auslieferung optischen Tests unterzogen. Beim Auspolieren gilt es, jedes Spiegelsegment so präzise zu bearbeiten, dass Abweichungen von der idealen Spiegelform maximal 10 Nanometer betragen – wäre ein Spiegelsegment so groß wie Frankreich, entspräche dies der Höhe eines Marienkäfers!
Um sich der Herausforderung zu stellen, so viele polierte Spiegelsegmente innerhalb von nur sieben Jahren zu liefern, wird Safran Reosc bis zu einer maximalen Produktionsrate von einem Spiegel pro Tag aufstocken. Dazu wird auf dem Firmengelände in Poitiers eine neue Anlage errichten werden, die auf die Fertigung von optischer und optronischer (elektro-optischer) High-Tech-Ausstattung spezialisiert sein wird [3].
Der neue Vertrag mit Safran Reosc ist vom finanziellen Umfang her der zweitgrößte im Rahmen des Baus des ELT und der drittgrößte, den die ESO jemals geschlossen hat [4]. Safran Reosc wird auch die Sekundär- und Tertiärspiegel für das ELT designen, polieren und testen und fertigt derzeit den 2-mm dicken verformbaren ultradünnen Spiegel, der den vierten Spiegel des ELT darstellt.
Sowohl SCHOTT als auch Safran Reosc verbindet eine lange und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der ESO. Gemeinsam haben sie bereits viele optische Komponenten gefertigt, darunter auch die Hauptspiegel der vier Hauptteleskope des Very Large Telescope mit 8,2-Metern Durchmesser.
Das ELT befindet sich derzeit auf dem Cerro Armazones in der Nähe des Paranal-Observatoriums der ESO im Norden Chiles im Bau und soll sein Erstes Licht im Jahr 2024 sehen.
Endnoten
[1] Die Hauptspiegelsegmente des ELT werden auf einer gemeinsamen Stützstruktur installiert und mit Kantenfühlern ausgestattet – die präzisesten, die jemals in einem Teleskop eingesetzt wurden – die permanent die Lage der einzelnen ELT-Hauptspiegelsegmente relativ zu ihren Nachbarn vermessen und es den Segmenten dadurch möglich machen, als ein einziges, perfekt abbildendes System zu arbeiten.
[2] Zerodur® ist ein hochentwickeltes Material, das auch bei großen Temperaturunterschieden nur eine sehr geringe thermische Ausdehnung hat, chemisch äußerst widerstandsfähig ist und mit höchster Genauigkeit poliert werden kann. Die reflektierende Schicht aus Aluminium oder Silber wird erst kurz bevor das Teleskop in Betrieb genommen wird auf die hochgradig glatte Oberfläche aufgedampft. Viele Teleskope mit Zerodur®-Spiegeln arbeiten zuverlässig seit Jahrzehnten, unter anderem das Very Large Telescope der ESO in Chile.
[3] Insgesamt werden bis zu 931 Segmente hergestellt und poliert. Dabei gehören 133 zu einem Wartungssatz, der es möglich macht, Segmente in einem Rotationsverfahren zu entfernen, zu ersetzen und neu zu verspiegeln, sobald das ELT iin Betrieb ist.
[4] Die beiden anderen Verträge sind diejenigen über Kuppel und Teleskopstruktur des ELT und die europäischen ALMA-Antennenschüsseln.
Weitere Informationen
Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch 16 Länder: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist außerdem einer der Hauptpartner bei zwei Projekten auf Chajnantor, APEX und ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das European Extremely Large Telescope (E-ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
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Über die Pressemitteilung
Pressemitteilung Nr.: | eso1717de-be |
Name: | Extremely Large Telescope |
Typ: | Unspecified : Technology |
Facility: | Extremely Large Telescope |