Mitteilung
ESO-Standort in der engeren Auswahl für das Cherenkov Telescope Array
15. April 2014
Der Paranal-Armazones-Standort der ESO in Chile ist in der engeren Auswahl als einer der zwei möglichen Standorte für das internationale Cherenkov Telescope Array (CTA), einer großen Anlage für erdgebundene Gammastrahlen-Astronomie, in der südlichen Hemisphäre. Dies ist ein wichtiger Fortschritt in der Realisierung der Projektes und, falls der Standort ausgewählt wird, Neuland für die ESO.
Am 10. April 2014 haben die Regierungsvertreter der 12 Länder, die am Cherenkov Telescope Array (CTA)-Projekt beteiligt sind, bei einem Treffen in München beschlossen in Verhandlungen mit zwei Standorten — Aar in Namibia und Paranal–Armazones der ESO in Chile — zu treten. Eine dritte Option wäre Leoncito in Argentinien.
Das CTA-Projekt ist eine Initiative für die nächste Generation von erdgebundenen Hochenergie-Gammastrahlen-Instrumenten. Es zielt darauf ab, diese hochenergetischen Gammastrahlen zu detektieren, um dadurch tiefere Einblicke in das Hochenergie-Universum zu erhalten.
Die Vertreter wurden von einem internationalen Komitee zur Standortauswahl beraten und haben ausführliche Beiträge vom CTA-Konsortium über die Vorzüge der vorgeschlagenen Standorte erhalten. Das Konsortium geht davon aus, dass die Wahl des Standorts gegen Ende 2014 abgeschlossen sein wird.
Professor Werner Hofmann, der Sprecher des CTA-Konsortiums, kommentierte: “Die Wahl des Standorts ist eine kritische Phase auf dem Weg zur Implementierung des CTA; die Entscheidung stellt einen wichtigen Fortschritt dar und wir wissen das Engagement und die Unterstützung der Förderinstitutionen und der Abgeordneten, der bei der Entscheidung involvierten Länder, zu schätzen.”
Gammastrahlen werden von den heißesten und energiereichsten Objekten in unserem Universum emittiert, beispielsweise supermassereichen Schwarzen Löchern, Supernovae und möglichen Überresten des Urknalls. Wenn ein hochenergetisches Gamma-Photon auf die Atmosphäre der Erde trifft, kann dies eine Kaskade von Sekundär-Partikeln verursachen und die Emission eines schwachen aber charakteristischen blauen Lichtblitzes, was als Cherenkov-Strahlung bekannt ist, hervorrufen. Diese Blitze dauern nur wenige Milliardstel Sekunden an und müssen deshalb mit super-schnellen und empfindlichen Kameras und Teleskopen mit enormen Lichtsammelvermögen aufgenommen werden.
Das Cherenkov Telescope Array ist ein multinationales, weltweites Projekt, bei dem 1000 Wissenschaftler und Ingenieure aus 28 Ländern und über 170 Forschungsinstituten involviert sind. Die Empfindlichkeit von CTA wird eine Größenordnung über der von aktuellen Instrumenten liegen [2], wodurch neue Einblicke in einige der extremsten Vorgänge im Universum ermöglicht werden. Die meisten Systeme, die die Cherenkov-Strahlung messen, verwenden lediglich eine Handvoll Teleskope. CTA wird hingegen aus etwa 100 Cherenkov-Teleskopen mit 23 Metern, 12 Metern und 4 Metern Durchmesser in der südlichen Hemisphäre sowie einigen kleineren in der nördlichen Hemisphäre bestehen. Ein Array dieser Größe wird die Anzahl detektierter Blitze erhöhen und außerdem die komplette Energieskala abdecken [3] und die Winkelauflösung deutlich verbessern [4], wodurch die emittierenden Objekte bei verschiedenen Wellenlängen identifiziert werden können.
“Obwohl die formellen Diskussionen noch nicht begonnen haben zeigt Paranal-Armazones als möglicher Standort für CTA seine Vorzüge sowohl des Standorts als auch der Infrastruktur für das Very Large Telescope und das European Extremely Large Telescope. Falls der Standort ausgewählt wird, könnte CTA von der großen Erfahrung der ESO auf dem Gebiet der erdgebundenen Astronomie profitieren”, erläuterte Tim de Zeeuw, der Generaldirektor der ESO. “Wir freuen uns auf die Diskussionen über CTA.”
Endnoten
[1] Vertreter aus Argentinien, Österreich, Brasilien, Frankreich, Deutschland, Italien, Namibia, Polen, Spanien, Südafrika, der Schweiz und Großbritanniens haben sich im Auftrag der 28 bei CTA involvierten Länder getroffen.
[2] Ähnliche existierende Cherenkov-Instrumente sind H.E.S.S., MAGIC, VERITAS und CANGAROO.
[3] Die Energien reichen von GeV (Giga-Elektronenvolt) bis zu TeV (Tera-Elektronenvolt). Umgerechnet in Wellenlängen, wie für optische Astronomen üblich, entspricht dies 0.01 bis 0.00001 pm (1 Pikometer sind 1/1000 nm).
[4] Niedrigenergie- Instrumente (weniger als 100 GeV) haben ein moderates Sichtfeld von etwa 4-5 Grad; mittlere Energien (100 GeV bis 1 TeV) decken 6-8 Grad ab, wohingegen Hochenergie-Instrumente die intensivsten Blitze bei einer Energie von 10 TeV mit einem sehr viel größeren Sichtfeld von etwa 10 Grad aufnehmen können.
Weitere Informationen
Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner bei den neuartigen Teleskopverbund ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop mit 39 Metern Durchmesser für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird: das European Extremely Large Telescope (E-ELT).
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