Pressemitteilung
Ein Adler mit kosmischen Ausmaßen
16. Juli 2009
Die ESO hat heute ein neues beeindruckendes Bild der Himmelsregionen rund um den Adlernebel veröffentlicht, eine Sternen-Kinderstube, in der neugeborene Sternenhaufen gewaltige Säulen aus Staub und Gas erschaffen.
Der Adlernebel, der von der Erde aus in einer Entfernung von 7000 Lichtjahren im Sternbild Schlange liegt, ist eine hell leuchtende Sternen-Kinderstube: eine Gas- und Staubregion, in der neue Sterne entstehen, und die den vor kurzem entstandenen Sternhaufen NGC 6611 enthält, eine Ansammlung von massereichen, heißen Sternen. Das Licht und die Teilchenströme, das diese massereichen Neuankömmlinge aussenden, bilden in der Gas- und Staubwolke einige Lichtjahre lange Säulen aus, die in diesem Bild vor dem helleren Hintergrund der Gaswolken des Nebels sichtbar sind. Die Form des Nebels erinnert an einen Adler, mit den zentralen Säulen als “Klauen”.
Der Adlernebel wurde 1745/46 von dem Schweizer Astronomen Jean Philippe Loys de Chéseaux entdeckt, der ihn als Sternhaufen beschrieb. Er wurde unabhängig von de Chéseaux von dem französischen Kometenjäger Charles Messier wiederentdeckt, der ihm die Nummer 16 in dem bekannten, nach ihm benannten Katalog zuwies und anmerkte, die Sterne seien von einem schwachen Leuchten umgeben. Weltbekannt wurde der Adlernebel 1995 durch eine spektakuläre Aufnahme , die mit dem NASA/ESA-Weltraumteleskop Hubble aufgenommen wurden. Im Jahre 2001 lieferte das Very Large Telescope der ESO ein weiteres atemberaubendes Bild des Nebels (siehe ESO 0142) im nahen Infraroten, dank derer die Astronomen ins Innere der Staubsäulen schauen konnten. Dort ist deutlich zu sehen, dass sich im Inneren der Staubsäulen neue Sterne bilden.
Die jetzt veröffentlichten Bilder wurden mit dem Wide-Field Imager aufgenommen, einer astronomischen Kamera mit besonders großem Blickfeld, die am MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop der ESO in La Silla, Chile, installiert ist. Es zeigt eine Himmelsregion, die in etwa der scheinbaren Größe des Vollmondes am Nachthimmel entspricht und damit 15 Mal größer ist als das VLT-Bild und 200 Mal größer als das legendäre Hubble-Bild. Die Umgebung der berühmten Säulen wird auf dem neuen Bild bis ins Detail sichtbar.
Die “Säulen der Schöpfung” befinden sich in der Bildmitte, mit dem jungen Sternhaufen NGC 6611 knapp rechts darüber. Eine weitere Säule, die Hubble detailliert abgebildet hat befindet sich links im Bild. Die fingerartigen Auswüchse dieser Säulen erinnern an Stalagmiten, Tropfsteine die von Höhlenböden aus in die Höhe wachsen. Das Gas im Inneren der Säulen ist hinreichend dicht, um unter seinem Eigengewicht zu kollabieren – so entstehen neue Sterne. Die langen Gas- und Staubsäulen werden durch das starke Ultraviolettlicht der massereichen Sterne des angrenzenden jungen Sternhaufens NGC 6611 gleichzeitig geformt, beleuchtet und zerstört. Nach wenigen Millionen Jahren – auf kosmischen Zeitskalen ein bloßer Augenblick – werden sie für immer verloren sein.
Weitere Informationen
Das MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop wurde 1984 in Betrieb genommen und ist eine Leihgabe der Max-Planck-Gesellschaft an die ESO. Sein Wide Field Imager, eine astronomische Kamera mit besonders großem Blickfeld und einem Detektor mit 67 Millionen Pixeln, liefert Bilder, die nicht nur von wissenschaftlichem, sondern auch von ästhetischem Wert sind.
Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 14 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts, und VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO das European Extremely Large Telescope (E-ELT) für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, mit 42 Metern Spiegeldurchmesser ein Großteleskop der Extraklasse.
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsstaaten (und einigen weiteren Ländern) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.
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Über die Pressemitteilung
Pressemitteilung Nr.: | eso0926de-at |
Legacy ID: | PR 26/09 |
Name: | Eagle Nebula |
Typ: | Milky Way : Star : Grouping : Cluster : Open Milky Way : Nebula |
Facility: | MPG/ESO 2.2-metre telescope, Very Large Telescope |
Instruments: | WFI |