Spektroskopie
Wenn wir jemals Leben auf anderen Planeten finden werden, dann mit Hilfe eines Spektrografen
Die Spektroskopie ist eines der Lieblingswerkzeuge der Astronomen zum Verständnis dess Universums. Planeten, Sterne und Galaxien sind einfach zu weit entfernt, um sie zur Analyse ins Labor zu holen. Zum Glück enthält das Licht dieser entfernten Himmelskörper, das wir mit einem Teleskop auffangen können, sehr aufschlussreiche Informationen über sie.
Aber das Licht ist kein offenes Buch. Um es lesen zu können, muss man es in seine Farben (oder Wellenlängen) zerlegen, genauso wie Regentropfen das Licht in einen Regenbogen auffächern. Isaac Newton nannte die Farben des Regenbogens das Spektrum, das lateinische Wort für „Erscheinung“.
Die erste astronomische Anwendung der Spektroskopie war die Analyse des Sonnenlichts durch Fraunhofer und Kirchhoff im frühen 19. Jahrhundert. Man hatte erwartet, dass das weiße Licht der Sonne einen sauberen Regenbogen produzieren würde, wenn man es durch ein Prisma schickt. Stattdessen beobachtete man ein Muster von dunklen Linien darin. Diese unerwarteten Linien sind die „Fingerabdrücke“, die die verschiedenen chemischen Elemente dem Licht aufprägen, und werden Absorptionslinien genannt.
Das Schöne an dieser Wechselwirkung liegt darin, dass jedes chemische Element oder Molekül ein einzigartiges Muster im Spektrum hinterlässt, eine Art Strichcode, mit dem man eindeutig jedes Element von allen anderen unterscheiden kann. Mit Hilfe dieses Strichmusters kann die Spektroskopie wichtige Erkenntnisse über Eigenschaften jedes Körpers liefern, der Licht aussendet oder absorbiert.
Der Strichcode der Sonne. Ein sehr langes Spektrum, das in viele kleine Streifen zerschnitten ist, die untereinander angeordnet sind. Bild: NOAO/AURA/NSF
Ein Stern sendet Licht über das ganze Spektrum aus – ein Kontinuum. Wenn weißes Licht durch ein Prisma fällt, entsteht ein Regenbogen, sein Spektrum. Wenn das Licht eines Sterns das Gas eines Nebels durchdringt – oder die Atmosphäre des Sterns selbst – werden bestimmte Farben (oder Wellenlängen) von den Elementen des Gases absorbiert, was ein Muster dunkler Linien im Kontinuum erzeugt. Dies nennt man ein Absorptionsspektrum. Die Energie, die vom Gas absorbiert wird, wird in alle Richtungen wieder ausgesandt, ebenfalls in den spezifischen Farben für das jeweilige Element, was ein Spektrum heller Linien an den betreffenden Wellenlängen erzeugt. Dies nennt sich dann Emissionsspektrum.
Spektrografen sind grundlegende Bausteine der astronomischen Instrumententechnik, und sie sind weitaus komplizierter als ein einfaches Prisma. Statt eines simplen Regenbogens erzeugen sie ein Spektrum, bei dem das Licht viel feiner aufgespalten wird. Solche Spektren werden mittels eines CCD-Sensors aufgezeichnet und dann zur weiteren Bearbeitung als Computerdateien gespeichert. Das Spektrum eines Sterns oder eines anderen astronomischen Objektes verrät nicht nur die Anwesenheit bestimmter chemischer Elemente, sondern enthält auch Informationen über die vorherrschenden physikalischen Bedingungen wie Temperatur und Dichte. Spektren können uns auch etwas über Bewegung sagen: Mittels des Dopplereffekts können wir die Geschwindigkeit eines Sterns oder einer Galaxie in Bezug auf die Erde messen. Diese Methode verwendet man auch bei der Suche nach extrasolaren Planeten, und ein ähnlicher Effekt erlaubt Astronomen die Bestimmung der Entfernung von Galaxien. Spektren enthalten auch Informationen über ein am Objekt vorhandenes Magnetfeld, der Zusammensetzung der Materie und vieles mehr.
Die meisten Teleskope an den ESO-Observatorien haben Spektrografen oder einen Spektroskopiemodus. Sie decken verschiedene Wellenlängenbereiche ab (vom nahen Ultraviolett bis zum mittleren Infrarot) und haben verschiedene spektrale Auflösungen (je höher die spektrale Auflösung, umso stärker ist die Auffächerung des Lichts und umso feiner sind die Details im Spektrum, die man damit beobachten kann).
Beispiel eines Spektrums, das von X-shooter aufgenommen wurde. Dieses Instrument kann gleichzeitig mehrere Spektren eines Objektes über einen weiten Bereich von Farben (oder Wellenlängen) aufnehmen, vom Ultraviolett bis weit ins Infrarote.
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Die meisten Spektrografen selektieren das Licht, das aufgespaltet werden soll, über einen Spalt, der lang oder auch sehr kurz sein kann, oder sogar so klein wie ein winziges Loch. Nur dieses ausgewählte Licht wird in den Spektrografen geleitet (hier nicht gezeigt), der dann daraus das Spektrum produziert.
Einige Spektrografen vom Very Large Telescope am Paranal erzeugen hochaufgelöste Spektren, wie zum Beispiel UVES und CRIRES, andere können Spektren von vielen Objekten gleichzeitig aufnehmen, wie zum Beispiel die Instrumente FLAMES und VIMOS. Noch andere wie KMOS, MUSE und SINFONI können sogar Spektren über ihr gesamtes Gesichtsfeld aufnehmen (siehe Integralfeldspektroskopie).
Am La Silla-Observatorium und seinem New Technology Telescope (NTT) sind die Instrumente EFOSC2 (und sein Vorläufer EMMI) und SOFI ebenfalls Spektrografen. HARPS, installiert am 3,6-Meter-Teleskop der ESO, ist wegen seiner wegweisenden Rolle bei der Suche nach Exoplaneten sicherlich einer der bekanntesten Spektrografen.
Die nächste Generation von Spektrografen, wie die die für das Extremely Large Telescope (ELT) geplant sind, wird alles übertreffen, was wir bis heute erreicht haben. Eines der Dinge, die wir heute noch nicht können, die Astronomen sich aber von der nächsten Generation erhoffen, ist die Suche nach Spuren des Lebens in der Atmosphäre erdähnlicher Exoplaneten. Sollten wir je Leben auf einem anderen Planeten entdecken, wird höchstwahrscheinlich ein Spektrograf an der Entdeckung beteiligt sein.
Wissenschaftliche Highlights
ESO-Spektrografen liefern Schlüsseldaten bei wichtigen Entdeckungen auf verschiedenen Feldern der Astronomie:
- Die Top 10 der astronomischen Entdeckungen der ESO
- Körper des Sonnensystems, Exoplaneten und Braune Zwerge: Siehe wissenschaftliche Highlights von CRIRES
- Exoplaneten: Siehe wissenschaftliche Highlights von HARPS
- Sternpopulationen: Siehe wissenschaftliche Highlights von FLAMES
- Kosmologie: Siehe wissenschaftliche Highlights von UVES
- Supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße: Siehe wissenschaftliche Highlights von SINFONI
- Entwicklung der Galaxien: Siehe wissenschaftliche Highlights von VIMOS